Untersuchungen verdeutlichen das Ausmaß von Mobbing unter Jugendlichen, denn fast die Hälfte der Befragten hat bereits Erfahrungen als Opfer gemacht, und die Schule ist mit großem Abstand der häufigste Tatort. Besonders alarmierend ist, dass rund 80 Prozent der betroffenen Jugendlichen über ihre Erlebnisse kaum oder gar nicht sprechen – meist aus Angst, Scham oder dem Gefühl, ohnehin nichts ändern zu können. Für Lehrerinnen und Lehrer ist Mobbing damit ein schwieriges, oft unsichtbares Problem, das viel Sensibilität und klares Handeln erfordert. Mobbing unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Konflikt durch bestimmte Merkmale. Es liegt vor, wenn eine Person wiederholt und gezielt geschädigt oder ausgegrenzt wird, wenn ein deutliches Machtgefälle zwischen Täter und Opfer besteht und das Opfer sich hilflos fühlt. Mobbing kann viele Formen annehmen – von Beleidigungen und Spott über Ausgrenzung bis hin zu körperlicher Gewalt oder digitalem Angriff. Entscheidend ist dabei nicht, ob alle Kriterien formal erfüllt sind, sondern ob das Verhalten dem betroffenen Kind oder Jugendlichen Leid zufügt.
Da Mobbing meist außerhalb der Wahrnehmung von Lehrerinnen und Lehrern geschieht, werden nur wenige Fälle direkt erkannt. Die Schulpsychologie weist darauf hin, dass nur etwa ein Drittel aller Vorfälle den Lehrpersonen bekannt wird. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Lehrerinnen und Lehrer sensibel auf Anzeichen reagieren. Das Wohlbefinden der betroffenen Schülerin oder des Schülers sollte immer im Mittelpunkt stehen – selbst bei bloßem Verdacht. Es gilt, zuzuhören, ernst zu nehmen und nicht vorschnell zu urteilen.
Bei einem Verdacht auf Mobbing sollten Lehrerinnen und Lehrer überlegt vorgehen, denn spontane oder isolierte Entscheidungen sind ebenso problematisch wie das Ignorieren der Situation. Wichtig ist, dass das Opfer geschützt und unterstützt wird, ohne es zu überfordern oder bloßzustellen. Gespräche müssen in einem geschützten Rahmen stattfinden, wobei Vertrauen und Empathie zentrale Elemente sind, denn das Kind oder der Jugendliche sollte das Gefühl bekommen, ernst genommen und nicht allein gelassen zu werden. Hilfreich ist es, das weitere Vorgehen gemeinsam mit Fachkräften, Schulpsychologinnen, Schulleitung und Eltern abzustimmen. Der sogenannte „No Blame Approach“ empfiehlt, zunächst eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, die eigenen Beobachtungen zu schildern, die Sichtweise des Opfers zu hören und gemeinsam nächste Schritte zu planen, wobei nichts ohne Einverständnis des Betroffenen geschehen darf. Eine wirksame Intervention schließt immer die gesamte Lerngruppe ein, denn Mobbing ist kein isolierter Einzelfall, sondern ein Gruppenprozess, bei dem sich soziale Normen innerhalb der Klasse verschieben. Unterstützende Strukturen – etwa Klassengespräche, Helfersysteme oder Aufklärungsmaßnahmen – können helfen, langfristig ein respektvolles Miteinander zu fördern. Fachlich begleitete Leitfäden, wie sie etwa Schulämter oder Präventionsinitiativen bereitstellen, geben Lehrkräften Orientierung für das systematische Vorgehen von der ersten Beobachtung bis zur Nachsorge.
Im Kern geht es um ein pädagogisches Prinzip: Hinschauen, verstehen, handeln. Wer Anzeichen von Mobbing erkennt, sollte das Leid der Betroffenen ernst nehmen, umsichtig reagieren und die Verantwortung nicht allein tragen. Schule kann ein sicherer Ort sein – wenn Lehrkräfte sich trauen, Verantwortung zu übernehmen, und gemeinsam mit Kollegium, Eltern und Fachstellen konsequent gegen Mobbing vorgehen.
Literatur
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/MobbingSchule.shtml
Stangl, W. (2017, 8. März). Am Mobbingprozess in der Schule beteiligte Personen – eine Typologie. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Mobbingtypen.shtml
https://www.stangl.eu/psychologie/entwicklung/mobbing.shtml
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