An einigen Merkmalen können Eltern erkennen, ob ihr Kind bereit für die Schule ist, wobei man früher von „Schulreife“ sprach, doch heute werden die Begriffe „Schulfähigkeit“ bzw. „Schulbereitschaft“ benutzt, weil einerseits der Teilbegriff „Reife“ die Vorstellung provoziert, mit zunehmendem Alter reife jedes Kind körperlich und kognitiv heran, doch andererseits die Schulfähigkeit oder Schulbereitschaft seit Jahren sehr viel umfassender betrachtet wird. Die Schulfähigkeit oder Schulbereitschaft ergibt sich immer aus vier Kompetenzfeldern: einer emotionalen, motorischen, sozialen und kognitiven Schulfähigkeit, wozu vor allem seelische Stabilität, Belastbarkeit, eine größere Portion Selbstsicherheit, ein grundsätzlich vorhandenes Regelbewusstsein, Lerninteresse und Neugierde, ein Bündel an sozialen Verhaltensweisen sowie Entspannungsfähigkeiten, Ausdauer, Zuversicht und ein gewisses Maß an Konzentrationsfertigkeit zählen. Die Schulbereitschaft setzt sich in erster Linie aus den Fertigkeiten Lernmotivation, Lernbereitschaft und Lernfreude zusammen, d. h., es geht um Persönlichkeitsmerkmale und nicht um Lernergebnisse. Es geht bei einem Aufbau der Schulfähigkeit also nicht primär um eine intellektuelle Förderung, vielmehr geht es darum, mit Kindern Rollen-, Musik-, Theater-, Fantasie-, Bewegungsspiele zu erleben, alltagsorientierte Gespräche zu führen, Umfelderkundungen zu unternehmen sowie die Selbstständigkeit der Kinder auszubauen, das Selbstwertgefühl von Kindern zu stärken und ihre Neugierde auf Neues anzusprechen.
Aus Studien weiß man, dass vorzeitig eingeschulte Kinder häufiger eine Klasse wiederholen und sich bei ihnen nicht selten Fertigkeitsmängel durch die folgenden Schuljahre ziehen. Hinzu kommt, dass in einem Kindergarten, der eine spannende, kommunikationsreiche und selbstständigkeitsfördernde, situationsorientierte Pädagogik mit handlungsaktiven Projekten anbietet, eine spätere Einschulung keine entwicklungshinderlichen Folgen hervorbringen kann.
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Grundlagen der vier basalen Kulturtechniken Sprache, Lesen, Schreiben und Rechnen von Anfang an ein sicheres Fundament besitzen müssen. Insofern ist bei starken Fertigkeitsdefiziten eine Klassenwiederholung gut, damit sich fehlende Basiskompetenzen mit jedem Schuljahr nicht weiter potenzieren. Doch es sollte am besten gar nicht erst durch eine zu frühe Einschulung zu einer Wiederholungsnotwendigkeit kommen.
Aus einem Interview mit Armin Krenz, Wissenschaftsdozent für Elementarpädagogik und Entwicklungspsychologie und Autor des Buches „Ist mein Kind schulfähig? Ein Orientierungsbuch“. Armin Krenz hat zunächst in einer Erziehungs- und Lebensberatungsstelle, dann als Fachbereichsleiter in einem Fort- und Weiterbildungsinstitut für ErzieherInnen und anschließend fast 30 Jahre als Wissenschaftsdozent am außeruniversitären Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik in Kiel gearbeitet.
Literatur
https://www.family.de/kann-kinder-sollen-sie-frueher-eingeschult-werden-das-sagen-paedagogik-experten/ (23-04-20)
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