Das Konzept des Lernens durch Lehren ist heute Teil der modernen Didaktik und des Fremdsprachenunterrichts, denn jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass man etwas selbst versteht, wenn man anderen davon erzählt.
Lernen durch Lehren ist eine handlungsorientierte Unterrichtsmethode, in der SchülerInnen oder StudentInnen lernen, indem sie den Stoff gegenseitig unterrichten, und kann in allen Fächern, Schultypen und Altersstufen eingesetzt werden. Der größte Lerneffekt wird dann erzielt, wenn die Lernenden, die den neuen Stoff ihren MitschülerInnen vermitteln sollen, diesen vorher überhaupt nicht kennen. Lernen durch Lehren in seiner modernen Form im deutschsprachigen Raum mit dem Namen Jean-Pol Martin verbunden, der diese Form des Unterrichts als pädagogisches Gesamtkonzept entwickelt und verbreitet hat.
Offensichtlich liebt es das menschliche Gehirn, wenn man über komplexe Zusammenhänge spricht. Die kognitionswissenschaftliche Forschung hat herausgefunden, dass es für die Verarbeitung von Wissen nachweislich relevant ist, dass Informationen bewertet und hierarchisiert werden, denn das tut man sozusagen automatisch, wenn man einen Gedanken in Sprache fasst.
Wird dieses Phänomen bewusst in den Unterrichtsprozess eingebettet, erfahren die Lernenden zudem eine enorme Selbstwirksamkeit, soziale Anerkennung und Sinnhaftigkeit im Lernprozess, was sowohl bei leistungsstarken als auch bei leistungsschwachen Lernenden zum Lernerfolg führt.
Beim Lernen durch Lehren erarbeiten die Lernenden die Inhalte selbstständig und teilen das erworbene Wissen mit den anderen Lernenden, wobei die Kommunikation innerhalb der Gruppe im Vordergrund steht. Um diese Interaktion innerhalb der Gruppe zu erleichtern, bestehen die Aufgaben in der Regel aus einer gemeinsamen Problemlösung. Die Gruppe versteht sich dabei als ein Ganzes, wodurch sich stabile Interaktionsstrukturen entwickeln können. Neben der inhaltlichen Verarbeitung von Informationen, dem Wissenserwerb, werden weitere elementare Fähigkeiten wie Team- und Kompromissfähigkeit trainiert.
Beim Lernen durch Lehren werden Stoffinhalte von Seiten der Lernenden kognitiv durchdrungen und anschließend durch intensive Kommunikation zwischen den Lernenden ausgetauscht. Damit der Lernstoff vermittelt werden kann, ist die gleichzeitige Verwendung der für den Kommunikationstransfer notwendigen Sprachstrukturen notwendig. Dies ist der besondere Effekt beim Fremdsprachenlernen, d.h. die Sprache ist sowohl Mittel als auch Zweck der Auseinandersetzung.
Beim Lernen durch Lehren sind die Lehrkräfte vor allem im Hintergrund präsent, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht lenken und regulieren. Sie greifen aktiv und kontinuierlich in den Prozess ein, nämlich immer dann, wenn es notwendig ist, um zu verhindern, dass einzelne Lernende abtauchen und die Arbeit den anderen überlassen.
Literatur
Kuhnecke, A. (2023). Lernen lernen. Durch Lehren lernen wir.
https://www.telc.net/trainingsangebote/daf/daz-wissensportal/lernen-lernen/
Stangl, W. (2012, 29. April). Lernen durch Lehren. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
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