Hausaufgaben sind bereits im 19. Jahrhundert fester Bestand des schulischen Unterrichts, wobei den Hausaufgaben oft sogar größere Bedeutung beigemessen wurde als dem Unterricht selbst. Mit der Erteilung von Hausaufgaben ist die Hoffnung verbunden, unterrichtliche Inhalte zu festigen, zu vertiefen oder zur Anwendung zu bringen. Zugleich gehen LehrerInnen und Eltern davon aus, dass die außerunterrichtliche Aufgabe und deren Durchführung den Schüler zur Selbstdisziplinierung führen und bei ihm eine Vorstellung von der angemessenen Ausführung der Aufgabe festigen. Darin finden sich also Erwartungen, die sich auf die Entwicklung von Haltungen richten wie Pflichtgefühl, Eigentätigkeit, Entsagungsbereitschaft, Fleiß, Ausdauer, Sorgfalt, Selbstständigkeit und effektiver Umgang mit begrenzter Zeit. Gerade zu dem letzten Aspekt gehört die von den Eltern geäußerte Angst, wonach zu verhindern sei, dass Schüler in der freien Zeit nach der Schule anderen, dem schulischen Lernen sogar hinderlichen Anregungen ausgesetzt werden. In wohlgemeinter Absicht wird von der Schule die Hoffnung geäußert, dass in der Zusammenarbeit von Schülern und Eltern bei der Erledigung der Hausaufgaben ein wünschenswertes Vertrauensverhältnis entsteht.
Diesen Hoffnungen auf positive Wirkungen der Hausaufgaben steht eine Reihe von ablehnenden Argumenten gegenüber, die sich einerseits auf medizinische und psychologische Daten im Bezug auf die Belastbarkeit des Kindes beziehen, andererseits wird auf die fehlende Passung von Hausaufgaben und kindlichem Vermögen hingewiesen. So werden Hausaufgaben gegen den biologischen Tagesleistungsrhythmus durchgeführt, die gesamte Schularbeitszeit des Kindes und des Jugendlichen am Tag überschreitet die Belastungsgrenze um fast 100 %, Hausaufgaben führen zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern, Hausaufgaben sind nicht hinreichend individuell gestellt, Schüler trainieren betrügerische Vermeidungs- und Entlastungsstrategien, Hausaufgaben stigmatisieren Schülergruppen nach den Merkmalen „erfolgreichnicht erfolgreich“. Hausaufgaben erweitern aber auch die Schulzeit in juristisch unhaltbarer Form, Hausaufgaben unterstellen fälschlich hinreichende Arbeitsbedingungen im Zuhause der Kinder und nicht zuletzt, dass Hausaufgaben die Eltern überfordern. Bei den meisten LehrerInnen, Eltern und Schülerinnen und Schülern gehören Hausaufgaben selbstverständlich und nicht hinterfragt zur Institution Schule dazu, d. h., ihre Berechtigung, ihre Sinnhaftigkeit wird von allen Beteiligten selten infrage gestellt. Nicht selten werden Hausaufgaben mitunter auch dazu missbraucht, Inhalte, für die nicht genügend Unterrichtszeit zur Verfügung stand, auf diesem Wege doch noch zu vermitteln (Boßhammer & Schröder, 2012).
Das Institut für Berufliche Fachrichtungen der TU Dresden (Hans Gängler) untersuchte verschiedene Strategien zum Wissenserwerb. Er fand, dass Hausaufgaben keinerlei nachweisbaren Einfluss auf den Schulerfolg haben: gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch besser, und schlechte Schüler begreifen zuhause durch bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am Vormittag nicht richtig verstanden haben. Der Effekt von Hausaufgaben auf die Note ist annähernd null.
Literatur
Boßhammer, H., Schröder, B. (2012). Von den Hausaufgaben zu Aufgaben in der Ganztagsschule (S. 67-83). In Appel, Stefan & Rother, Ulrich (Hrsg.), Schulatmosphäre – Lernlandschaft – Lebenswelt. Jahrbuch Ganztagsschule. Schwalbach: Wochenschau Verlag.
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