Die hier beschriebene Studie gab hatte drei Ziele: die Verbreitung von Cyberbullying, eine Skala zur Erfassung von Cyberbullying in Chatrooms zu entwickeln und mögliche Faktoren von Cyberbullying zu untersuchen. Unter dem Wort „Bullying“ versteht man das Stattfinden negativer Handlungen eines oder mehrerer Schüler(s) gegenüber einem anderen Schüler über einen längeren Zeitraum (vgl. Scheithauter & Hayer, 2007, S. 27; Smith et al., 2002; Veenstra et al., 2005) und das Bestehen einer Machtungleichgewicht zwischen Täter/n und Opfer, wohingegen zwischen physischem, verbalem und psychischen Bullying unterschieden werden kann und die letzteren Arten auch im Cyberbullying auftreten können. Aufgrund der Tatsache der hohen Anonymität im Internet sind keine physischen Merkmale sichtbar und es ist einfach eine falsche Persönlichkeit anzunehmen. An der Untersuchung nahmen 1.700 Schüler der 5.-11. Klasse von weiterführenden Schulen teil, wobei die Schultypen Gymnasium, Realschule, Gesamtschule und Berufsschule betroffen waren. Die Untersuchung wurde während dem Unterricht in den Schulklassen als standardisierte Befragung durchgeführt, wobei manche Schüler nicht teilnehmen wollten. Aspekte des Selbstkonzepts, das Familien- und Erziehungsklima, die Schulsituation, Probleme und Beliebtheit, die Beliebtheit in Chatrooms, die Integration in der Schule und in Chatrooms, abweichendes und dissoziales Verhalten im Internet, Gewalteinstellung und die Schulzugehörigkeit wurden dabei berücksichtigt. Es zeigte sich, dass rund 69% aller Jugendlichen zwischen den Altersklassen 10-19 regelmäßig chatten, wobei kein Geschlechterunterschied festgestellt wurde. Es konnte festgestellt werden, dass alle paar Monate bis mehrmals im Monat 32,8% der chattenden Jugendlichen andere Chatter beschimpft oder beleidigt haben, 29,9% haben andere grundlos geärgert, 21,7% grenzten andere Chatteilnehmer aus oder mieden sie, 17,4% haben schlecht über andere geredet und 14,7% sagen, dass sie andere Chatter gemobbt haben. Wobei 9% der Jugendlichen angaben, andere Chatter mehrmals wöchentlich oder täglich beschimpft oder beleidigt zu haben, 9,8% andere geärgert und 7,4% andere gehänselt oder sich über diese Personen lustig gemacht zu haben. Rund 12,2% der Chatbullies attackieren immer bzw. oft dieselben Chatteilnehmer und 18,3% taten dies ab und zu bzw. manchmal. Das Machtungleichgewicht entsteht dadurch, dass Cyberbullies häufig Mitglieder in Chatcliquen sind und sich die Chatopfer häufig als Außenseiter in den Chatrooms fühlen. Ein anderer Aspekt, warum ein Machtungleichgewicht entsteht, ist jener, dass die Eltern den Chatbullies hohes Zutrauen bekunden. Dies kann möglicherweise dazu führen, dass sie sich gegenüber ihren Opfern „kompetenter“ und „überlegener“ fühlen und dies auch zeigen.
Die Cyberbullies weisen ein problematisches Erziehungsklima, ein schulisches Problemverhalten und eine positive Gewalteinstellung auf, wobei sie auch extreme Chatroombesuche und gezieltes Lügen bei den Chatbesuchen aufweisen. Es bestätigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Hang zur Täterschaft in der Schule und im Internet-Chatroom, wobei 66,7% der Schulbullies auch im Internet tätig sind und 72,3% der Nicht-Schulbullies auch im Internet kein Bullyingverhalten aufweisen. Auch werden Jungs im Internet häufiger zu Cyberbulllies als Mädchen. Beim Vergleich der Cyberbullies mit dem Merkmal auf die verschiedenen Schultypen, sind Berufsschüler am häufigsten unter den Cyberbullies vertreten, gefolgt von den Gymnasiasten und Real- und Gesamtschülern, wobei die Unterschiede bei den Gymnasien und Real- und Gesamtschulen sehr gering war. Jedoch gibt es eine Verbindung zwischen dem Bildungsgrad und der Chatroomnutzung. Real- und Gesamtschüler sind im Chat häufiger und länger vertreten als Gymnasiasten und Berufsschüler. Die Nutzung des Internets bzw. das Eintauchen in eine virtuelle Welt scheint für die untere Bildungsschicht besonders wichtig zu sein, da dies eine Möglichkeit ist, sich von Alltagsproblemen abzulenken.
Literatur
Kratzer, C., Fetchenhauer, D. & Belschak, F. (2009). Cyberbullying in Internet-Chatrooms – Wer sind die Täter?. Ein Vergleich von Bullying in Internet-Chatrooms mit Bullying in der Schule aus der Täterperspektive. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 41 (1), 33-44.
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