Die soziale Welt von Kleinkindern dreht sich in erster Linie um Eltern und Betreuungspersonen, die eine Schlüsselrolle bei der Steuerung der sozialen und kognitiven Entwicklung der Kinder spielen. Ein Kennzeichen der Adoleszenz ist jedoch die Verlagerung der Orientierung auf außerfamiliäre soziale Ziele, ein adaptiver Prozess, der die Jugendlichen auf ihre Unabhängigkeit vorbereitet. Dabei ist wenig über die neurobiologischen Signaturen, die den Veränderungen in der sozialen Orientierung von Jugendlichen zugrunde liegen, bekannt.
Abrams et al. (2022) haben mithilfe der funktionellen Bildgebung des Gehirns bei der Verarbeitung menschlicher Stimmen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 16 Jahren unterschiedliche neuronale Signaturen für die Stimme der Mutter und für nichtfamiliäre Stimmen während der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Belohnungs- und sozialen Bewertungssystemen nachweisen können, die im Nucleus accumbens und im ventromedialen präfrontalen Cortex verankert sind.
Während jüngere Kinder eine erhöhte Aktivität in diesen Gehirnsystemen für die Stimme der Mutter im Vergleich zu nicht-familiären Stimmen aufwiesen, zeigte sich bei älteren Jugendlichen der gegenteilige Effekt mit einer erhöhten Aktivität für nicht-familiäre Stimmen im Vergleich zur Stimme der Mutter. Offenbar kommt es im Verlauf der Jahre zu einer Verschiebung der sozialen Orientierung hin zu außerfamiliären Sozialpartnern, die sich auch in der neuronalen Aktivität widerspiegelt, d. h., wenn jüngere Kinder die Stimme ihrer Mutter hören, zeigen die belohnungsverarbeitenden Regionen eine höhere Aktivität als wenn sie fremde, nicht familiäre Stimmen hören.
Diese Ergebnisse beweisen, dass auch die Belohnungs- und sozialen Bewertungssysteme des Gehirns eine entscheidende Rolle bei ausgeprägten Veränderungen in der Orientierung von Jugendlichen an nichtfamiliären sozialen Zielen spielen.
Literatur
Abrams, Daniel A., Mistry, Percy K., Baker, Amanda E., Padmanabhan, Aarthi & Menon, Vinod (2022). A neurodevelopmental shift in reward circuitry from mother’s to nonfamilial voices in adolescence. The Journal of Neuroscience, doi:10.1523/JNEUROSCI.2018-21.2022.
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