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Vom traditionellen zum kompetenzorientierten Unterricht

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

Lange Zeit war die Unterrichtsplanung stark inhaltszentriert: Lehrkräfte strukturierten ihren Unterricht entlang von Lehrplänen, verteilten Inhalte systematisch über das Schuljahr und gliederten jede Stunde in typische Phasen wie Einstieg, Erarbeitung und Sicherung. Dabei wurden bewährte Materialien wie Lehrbücher, Arbeitsblätter, Karten oder Filme genutzt. Dieser Ansatz ist klar strukturiert, bringt jedoch zunehmend Herausforderungen mit sich. Ein zentrales Problem zeigt sich darin, dass viele Schülerinnen und Schüler zwar Fachwissen erwerben, dieses aber nicht auf neue oder komplexe Alltagssituationen übertragen können. Die Anwendung von Wissen bleibt oberflächlich, das Lernen wenig nachhaltig. Hinzu kommt, dass die Inhalte oft wenig Bezug zur Lebenswelt der Lernenden haben, was sich negativ auf Motivation und Interesse auswirkt. Angesichts dieser Erkenntnisse fordern moderne didaktische Modelle eine Umkehr im Planungsprozess: Unterricht soll vom Ziel her gedacht werden. Dieses Prinzip ist zentral in sogenannten kompetenz- und handlungsorientierten Bildungsstandards, wie sie in vielen Ländern eingeführt wurden. Statt sich zuerst mit dem „Was?“ des Unterrichts zu beschäftigen, geht es zunächst um das „Wozu?“.

Kernidee des neuen Planungsansatzes

Lehrkräfte überlegen zu Beginn der Planung, welche Kompetenzen ihre Schülerinnen und Schüler am Ende einer Lerneinheit oder sogar Jahre später im Alltag wirklich brauchen und anwenden sollen. Diese Überlegungen münden in die Definition eines Lernkerns – eines zentralen Verständniselements, das für die Lebensführung und das gesellschaftliche Handeln bedeutsam ist.

Beispiel – Thema „Landkarten“ im Geografieunterricht

Anstatt das Thema Landkarten einfach anhand des Lehrbuchs zu unterrichten, wird zunächst eine langfristige Kompetenz formuliert, etwa: „Schülerinnen und Schüler können sich mithilfe von Karten in unbekannten Gebieten orientieren.“ Daraus ergeben sich konkrete Lernziele wie:

  • Kartenlegenden verstehen und anwenden,
  • Maßstäbe interpretieren und Entfernungen berechnen,
  • Himmelsrichtungen auf Karten erkennen,
  • geografische Informationen mit der Realität abgleichen.

Anschließend wird eine authentische, lebensnahe Aufgabe entwickelt, um diese Kompetenzen zu überprüfen – z. B. das Erstellen einer Schatzkarte mit selbst gewählten Symbolen, Maßstab und einer kreativen Aufgabenstellung. Bewertet wird nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin, beispielsweise durch Zwischenpräsentationen oder Reflexionen. Die Kriterien zur Leistungsbeurteilung (z. B. Vollständigkeit, Lesbarkeit, korrekter Maßstab) werden vorher gemeinsam festgelegt. Erst im letzten Schritt erfolgt die konkrete Unterrichtsplanung: In welchen Phasen werden die Kompetenzen aufgebaut? Welche Methoden sind geeignet? Wie kann differenziert und individuell gefördert werden? So entsteht ein Unterricht, der nicht nur Wissen vermittelt, sondern Verstehen, Anwendung und lebensnahe Problemlösefähigkeiten in den Mittelpunkt stellt.

Kompetenzorientierte Unterrichtsplanung setzt daher nicht bei den Inhalten, sondern bei den Zielen des Lernens an. Sie stärkt die Relevanz und Nachhaltigkeit schulischer Bildung, fördert Motivation durch Lebensweltbezug und erlaubt eine gezieltere, reflektierte Förderung von Kompetenzen. Die Rolle der Lehrkraft wandelt sich dabei vom Vermittler hin zum Lernbegleiter und Gestalter authentischer Lernprozesse.

Backward Design (auf Deutsch oft als „Rückwärtsplanung“ bezeichnet) ist ein didaktisches Planungsmodell für Unterricht, das von den amerikanischen Bildungsforschern Grant Wiggins und Jay McTighe entwickelt wurde. Es stellt einen bewussten Kontrast zu traditionellen Planungsansätzen dar, bei denen man oft mit der Auswahl von Inhalten oder Aktivitäten beginnt.



Literatur

Tulodziecki, G., Herzig, B. & Blömeke, S. (2019). Didaktik: Grundlagen der Unterrichtsgestaltung. Cornelsen.
Wiggins, G. & McTighe, J. (2005). Understanding by Design. Alexandria, VA: Association for Supervision and Curriculum Development (ASCD).


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