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Verbale Gewalt in der Kindheit kann Gehirnveränderungen hervorrufen

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Manche Kinder erleben oft Gewalt, die sie für ihr ganzes weiteres Leben prägt, wobei schon seit vielen Jahren klar ist, welche Folgen eine oft unerkannte, emotionale Gewalt für Kinder hat, also jene Form von Gewalt, die tagtäglich in vielen Familien stattfindet und sich in Worten, durch Liebesentzug, in überhöhten Erwartungen und starren Konventionen ausdrückt. Auch in Kindergärten, Schulen und anderen Institutionen werden Kinder noch immer nicht so behandelt, wie es der aktuelle Wissenstand der Entwicklungspsychologie, Bindungsforschung, Lehr- und Lernforschung und der Hirnforschung erwarten ließe. Emotionale Gewalt hat dabei viele Gesichter und ist ein ernstzunehmender Risikofaktor der kindlichen Entwicklung mit oft dramatischen Folgen unter anderem für Persönlichkeitsbildung, psychische Gesundheit, Motivation und Lernerfolg. Misshandlung in der Kindheit, insbesondere körperlicher, sexueller und emotionaler Missbrauch sowie körperliche und emotionale Vernachlässigung, hat einen direkten starken Einfluss auf die Entwicklung des kindlichen Gehirns und stellt einen wichtigen Risikofaktor für Psychopathologie im Erwachsenenalter dar.

In einer Übersichtsarbeit von Teicher et al. (2016) werden dazu Berichte über eine verstärkte Reaktion der Amygdala auf bedrohliche Reize, eine verringerte ventrale striatale Reaktion auf die Erwartung oder den Erhalt von Belohnungen, eine verringerte Konnektivität zwischen präfrontalen Regionen und der Amygdala sowie ein erhöhtes Volumen und eine erhöhte Netzwerkzentralität des Präkuneus bei misshandelten Menschen zusammengefasst. Misshandelte und nicht misshandelte Menschen mit denselben psychiatrischen Primärdiagnosen unterscheiden sich klinisch, neurobiologisch und genetisch, so dass misshandelte Menschen offenbar verschiedene Gruppen etablierter psychiatrischer Störungen darstellen. Misshandlung kann demnach ein unerkannter Störfaktor in psychiatrischen Neuroimaging-Studien sein.

Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Misshandlung die Entwicklung des Gehirns verändert und sich auf die sensorischen Systeme, die Netzwerkarchitektur und die Schaltkreise auswirkt, die an der Erkennung von Bedrohungen, der Emotionsregulation und der Erwartung von Belohnungen beteiligt sind. Misshandlung verringert etwa das Volumen des Hippocampus sowie das Volumen des anterioren cingulären und des ventromedialen und dorsomedialen Cortices, d. h., sie beeinträchtigt die Entwicklung wichtiger Faserbahnen einschließlich des Corpus callosum, des Fasciculus longitudinal superior, des Fasciculus uncinatus und des Cingulum-Bündels, und scheint die Entwicklung von sensorischen Systemen zu verändern, die Stresserfahrungen verarbeiten und vermitteln.

Misshandlungsassoziierte Hirnveränderungen werden häufig aber auch bei resistenten Menschen festgestellt, die keine früheren oder aktuellen psychopathologischen Symptome aufweisen. Vermutlich liegen dabei andere neurobiologische oder molekulare Veränderungen vor, die es diesen Menschen ermöglichen, stressbedingte neurobiologische Veränderungen wirksam zu kompensieren.



Literatur

Ballmann, A. Elisabeth (2016). Worte wie Pfeile: Über emotionale Gewalt an unseren Kindern und wie wir sie verhindern. Kösel Verlag.
Teicher, Martin H., Samson, Jacqueline A., Anderson, Carl M. & Ohashi, Kyoko (2016). The effects of childhood maltreatment on brain structure, function and connectivity. Nature Reviews Neuroscience, 17, 652-666.


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