Zahlreiche Studien zu Geschlechtsunterschieden in Schulen zeigen, dass Mädchen über alle untersuchten Altersstufen hinweg im gesamten sprachlichen Bereich in Deutsch und Englisch Vorteile gegenüber Buben haben. Diese sind in der Mittelstufe deutlich ausgeprägter als in der Grundschule, liegen thematisch vor allem beim Lesen literarischer bzw. kontinuierlicher Texte und sind am ausgeprägtesten bei der Textproduktion. Buben haben geringere Nachteile im Lesen von nicht-kontinuierlichen Texten und Informationstexten, und auch im Wortschatz und im Hörverständnis in Englisch sind kaum Unterschiede festzustellen. Auffällig ist, dass diese Differenzen in der Grundschule kaum festzustellen sind, sich also erst während der Sekundarstufe I zu entwickeln scheinen, und dass die Größe der Differenzen regional unterschiedlich ist, vor allem in Ländern, in denen Buben besonders große Vorteile in Mathematik und den Naturwissenschaften zeigen, sind die geschlechtsbedingten Unterschiede im Lesen geringer.
Buben bzw. junge Männer aller Altersstufen weisen in ihren mathematischen Kompetenzen Leistungsvorsprünge gegenüber Mädchen und jungen Frauen auf, wobei diese Differenzen in der Grundschule auf allen Kompetenzstufen zu finden sind, während in der Mittelstufe kaum Kompetenzunterschiede bezüglich der unteren Kompetenzstufen auftreten. Hier beziehen sich die Vorteile von Buben vor allem auf die oberen Kompetenzstufen, auf denen sich quantitativ mehr Buben finden und diese zudem qualitativ bessere Leistungen erzielen als die Mädchen derselben Kompetenzstufen. Besonders große Nachteile haben Mädchen und junge Frauen bei Aufgaben, die eine Anwendung mathematischen Wissens bzw. mathematischer Konzepte auf Alltagssituationen erfordern. Bei technischen und lehrplanvaliden Aufgaben aus dem innermathematischen Kontext liegen die besonderen Stärken der Mädchen und jungen Frauen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen zum Lesen fällt hier auf, dass mathematische Disparitäten zwischen Buben und Mädchen bereits zu Ende der Grundschulzeit deutlich ausgeprägt sind. Zumindest auf einige Teilkompetenzen bezogen verringern sich diese im Laufe der Schulzeit leicht. Mögliche Hinweise darauf, dass diese Differenzen zwischen Buben und Mädchen nicht angeboren sondern vom Schulsystem bzw. strukturellen Gegebenheiten beeinflussbar sind, ist die Tatsache, dass die Vorteile der Buben in Mathematik zumindest in der Grundschule und bei den 15-jährigen deutlich geringer ausgeprägt sind als in Deutsch und sehr viel stärker zwischen den OECD-Staaten und zwischen den Ländern variieren. Auch gibt es keine Geschlechterdifferenzen in der Problemlösekompetenz, die als Maß des mathematisch-kognitiven Potenzials dienen kann.
Bei den naturwissenschaftlichen Kompetenzen lassen sich keine nennenswerten Unterschiede in den Gesamtergebnissen von Buben und Mädchen finden. Dabei haben Buben in den Naturwissenschaften vor allem Vorteile im Abrufen von Faktenwissen, im mentalen Modellieren sowie in numerischen, graphischen oder abstrakten Repräsentationsmodi, während Mädchen ihnen im Interpretieren von Graphiken und Diagrammen, im Bewerten und im Verbalisieren von Sachverhalten teilweise gewachsen und häufig auch überlegen sind. Wie auch bei den mathematischen Kompetenzen sind Disparitäten im naturwissenschaftlichen Bereich bereits in der vierten Klasse deutlich ausgeprägt und vermindern sich im Verlaufe der Schulzeit eher.
Literatur
Debus, K. (2007). Geschlechtergerechtigkeit in der Schule? Diplomarbeit. Berlin.
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