Auch bei einem nicht so guten Zeugnis sollten Eltern grundsätzlich Ruhe bewahren und sich für das Durchsprechen mit dem Kind Zeit nehmen, d. h., ein Gespräch erst dann führen, wenn sie selbst die erforderliche Ruhe aufbringen können. Man könnte zuerst mit dem Partner über das Thema sprechen, eine Tasse Kaffee trinken, sich selbst herunterregeln. Man sollte sich auch klar machen, dass der Schulerfolg zwar ein wichtiges Thema in den Familien darstellt, aber ein Schulzeugnis urteilt nicht über die gesamte Persönlichkeit eines Kindes, sondern nur über Leistung und Verhalten in der Schule im vergangenen Jahr oder Halbjahr. Beim Gespräch selbst sollten Eltern dann mit dem Kind das Zeugnis durchgehen und gemeinsam die Gründe für die Zensuren analysieren, wobei das für alle Zensuren geschehen sollte, nicht nur bei den schlechten, denn auch gute Zensuren sind Leistungen des Kindes und nicht selbstverständlich!
Kinder brauchen auch Anerkennung für ihre Leistungen, wenn nicht alle Erwartungen erfüllt wurden. Eltern sollten bei schlechten Noten auch ihre Erwartungen reflektieren, etw ob diese realistisch waren. Unrealistische Erwartungen müssen enttäuscht werden und führen oft zu Konflikten, die die Angst vor dem eigenen Schulversagen beim Kind verstärken. Erst am Schluss sollte man den Blick nach vorne richten: Wie kann eine Verbesserung im neuen Schuljahr gelingen? Sollte über Lernen in den Ferien nachgedacht werden, so sollte berücksichtigt werden, dass auch Kinder Erholung und freie Zeit benötigen, um Abstand zu gewinnen.
Andreas Girzikovsky, Leiter der Schulpsychologie am Landesschulrat Oberösterreich sagt, dass ein Fünfer im Semesterzeugnis kein Drama ist: „Man sollte einen Fünfer in der Schulnachricht als das nehmen, was er ist: Eine Rückmeldung, dass man nach derzeitigem Stand das Jahresziel nicht erreichen würde. Ein Fünfer ist kein Drama.“ Dabei sind Schimpfen oder Strafen die falschen Reaktionen, denn ein Fünfer löst beim Schüler ohnehin ein schlechtes Gefühl aus. Man sollte die negative Note zwar ernst zu nehmen, aber die Gründe sachlich zanalysieren und dann gemeinsam Strategien überlegen, was besser gemacht werden kann. Dazu ist es hilfreich, den Lehrer oder andere Außenstehende zu kontaktieren, denn oft hilft der Blick von außen, um ein System zu ändern. Wenig hilfreich ist es, in den Ferien zusätzliche Lernstunden einzuplanen, denn dadurch fühlt sich das Kind benachteiligt und versetzt sich in eine Opferrolle. Die Ferienwoche sollten alle Schüler zum Durchschnaufen verwenden, egal wie das Zeugnis ausfiel, denn Pausen sind wichtig, um Energie zu tanken und auf andere Gedanken zu kommen. Danach geht es neu motiviert weiter.
Quellen
OÖN vom 18. Februar 2017
Schulpsychologe Stefan Siedersleben in einem Interview in der Kreiszeitung Nienburg im Februar 2021
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