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Studien aus der Entwicklungspsychologie legen nahe, dass frühes Fingerzählen eine entscheidende Rolle für die langfristige Rechenentwicklung von Kindern spielt. Während das Zählen an den Fingern im frühen Schulalter oft als primitive Strategie gilt, zeigen die Befunde, dass es vielmehr als kognitives Sprungbrett dient: Kinder, die zwischen vier und etwa sechseinhalb Jahren ihre Finger aktiv zum Rechnen nutzten, aber die Strategie im Laufe des siebten Lebensjahres ablegten, erzielten bei arithmetischen Aufgaben später die besten Ergebnisse. Diese Kinder übertrafen sowohl Gleichaltrige, die nie Finger einsetzten, als auch solche, die weiterhin damit arbeiteten.
Man beobachtete über mehrere Jahre hinweg, wie sich Zählstrategien entwickelten und stellte fest, dass nahezu alle Kinder irgendwann auf ihre Finger zurückgriffen, selbst jene, die später als „Nicht-Fingerzähler“ eingestuft wurden. Entscheidend ist also weniger die Nutzung selbst, sondern der Übergang von der körperlich gestützten Strategie zur mentalen Abstraktion. Fingerzählen wirkt damit wie ein Entwicklungsgerüst, das frühe mathematische Vorstellungen stabilisiert und den Wechsel zu effizienteren mentalen Rechenprozessen erleichtert. Die verbreitete Annahme, Fingerzählen sei nur kurzfristig hilfreich und später hinderlich, relativiert die Studie deutlich: Nicht das Fingerzählen hemmt den Fortschritt, sondern das Festhalten an der Strategie über das passende Entwicklungsfenster hinaus.
Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, Kindern den Gebrauch ihrer Finger ausdrücklich zu gestatten – nicht als Ersatz für abstrakte Verfahren, sondern als natürlicher Bestandteil des Lernprozesses. Sie verdeutlichen zudem, dass die besten Leistungen bei jenen Kindern entstehen, die eine Phase aktiver körperlicher Unterstützung durchlaufen und anschließend selbstständig zu inneren Repräsentationen übergehen. Damit erhält das Fingerzählen eine neue Bedeutung als wichtiger Baustein in der mathematischen Entwicklung, der sowohl kurzfristig als auch langfristig positive Effekte entfalten kann.
Literatur
Krenger, M., & Thevenot, C. (2025). The role of children’s finger counting history on their addition skills. Developmental Psychology, doi:10.1037/dev0002099
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