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Die Lernmethoden Interleaving, also verteiltes oder verschachteltes Lernen, und Blocked Practice, also blockweises Üben, gehören zu den zentralen Strategien der kognitiven Lernpsychologie und werden vor allem im Kontext der Optimierung von Lernprozessen, Gedächtnisbildung und Fertigkeitserwerb untersucht. Während beide Ansätze auf die Wiederholung von Lerninhalten abzielen, unterscheiden sie sich grundlegend in der Strukturierung des Lernmaterials und den damit verbundenen kognitiven Prozessen.
Beim Blocked Practice werden Aufgaben oder Lerninhalte in homogenen Blöcken geübt, das heißt, ein bestimmtes Thema, eine Fertigkeit oder eine Aufgabenkategorie wird vollständig abgeschlossen, bevor zum nächsten übergegangen wird. Diese Methode ist traditionell weit verbreitet, da sie kurzfristig zu einem schnellen Gefühl von Kompetenz führt und Lernende den Eindruck haben, Fortschritte zu machen. So würde etwa ein Schüler beim Erlernen mathematischer Verfahren zunächst 20 Aufgaben zur Bruchaddition lösen, bevor er sich der Bruchsubtraktion widmet. Studien zeigen, dass diese Form des Übens kurzfristig zu besseren Leistungen im unmittelbaren Anschluss an das Training führt, da sie die Wiederholung spezifischer Handlungsmuster ermöglicht (Shea & Morgan, 1979). Allerdings ist dieser kurzfristige Erfolg trügerisch: Bei späteren Tests zeigt sich häufig ein starkes Nachlassen der Leistung, da das Gelernte weniger flexibel abrufbar ist und die kognitive Unterscheidungsfähigkeit zwischen ähnlichen Aufgaben gering bleibt (Rohrer & Taylor, 2007).
Das Interleaving dagegen basiert auf der Idee, Lerninhalte verschiedener Kategorien abzuwechseln. Lernende wechseln zwischen unterschiedlichen, aber verwandten Aufgaben, wodurch sie gezwungen sind, fortlaufend zwischen Strategien zu unterscheiden und passende Lösungswege auszuwählen. In einem Beispiel aus dem Mathematikunterricht würde der Schüler nicht nacheinander Aufgaben zur Bruchaddition und -subtraktion lösen, sondern die Aufgabenarten gemischt bearbeiten. Dadurch entsteht eine erhöhte kognitive Belastung, die zunächst zu geringerer Leistung während des Lernprozesses führen kann. Langfristig jedoch begünstigt Interleaving die Bildung stabilerer Gedächtnisspuren und verbessert die Fähigkeit, Wissen flexibel auf neue Situationen zu übertragen (Kornell & Bjork, 2008).
Empirische Studien zeigen, dass Interleaving insbesondere in Bereichen mit hoher konzeptueller Ähnlichkeit zwischen Lerninhalten effektiv ist. Rohrer und Taylor (2007) demonstrierten etwa in einer Untersuchung mit Studierenden, dass das Mischen verschiedener mathematischer Aufgabentypen (z. B. Volumenberechnungen unterschiedlicher Körper) zu einer signifikant besseren Leistung in späteren Tests führte als das blockweise Üben derselben Aufgaben. Auch in der motorischen Lernforschung wird dieser Effekt bestätigt: Shea und Morgan (1979) zeigten, dass Probanden, die motorische Bewegungsabfolgen in gemischter Reihenfolge trainierten, langfristig bessere Behaltensleistungen erzielten als jene, die die Bewegungen blockweise wiederholten.
Die theoretische Erklärung für die Wirksamkeit von Interleaving stützt sich auf mehrere kognitive Mechanismen. Zum einen fördert es das sogenannte discriminative contrast learning, also die Fähigkeit, Unterschiede zwischen Aufgaben zu erkennen und Strategien gezielt auszuwählen (Birnbaum et al., 2013). Zum anderen unterstützt es das retrieval practice, indem Lernende bei jedem Wechsel aktiv aus dem Gedächtnis abrufen müssen, welche Vorgehensweise zur jeweiligen Aufgabe passt (Kornell & Bjork, 2008). Im Gegensatz dazu begünstigt Blocked Practice eher ein automatisiertes Wiederholen, ohne dass das Wissen tief verarbeitet oder in neue Kontexte integriert wird.
Trotz der Vorteile des Interleaving ist dessen Einsatz nicht in allen Lernkontexten überlegen. Insbesondere bei Anfängern oder in der Anfangsphase des Fertigkeitserwerbs kann Blocked Practice hilfreich sein, um grundlegende Abläufe zu automatisieren, bevor eine Variation der Aufgaben erfolgt (Schmidt & Bjork, 1992). In der Praxis wird daher häufig eine Kombination beider Ansätze empfohlen: ein anfängliches blockweises Üben zur Stabilisierung von Basisfertigkeiten, gefolgt von einem interleaved Training zur Förderung von Transfer und Langzeitbehalten.
Insgesamt zeigt sich, dass Interleaving langfristig die flexiblere, nachhaltigere Lernstrategie darstellt, während Blocked Practice vor allem kurzfristige Erfolge und Sicherheit im Lernprozess vermittelt. Die Wahl zwischen beiden Methoden sollte sich daher nach dem Lernziel, dem Vorwissen der Lernenden und der Komplexität der Lerninhalte richten.
Literatur
Birnbaum, M. S., Kornell, N., Bjork, E. L., & Bjork, R. A. (2013). Why interleaving enhances inductive learning: The roles of discrimination and retrieval. Memory & Cognition, 41(3), 392–402. [
Kornell, N., & Bjork, R. A. (2008). Learning concepts and categories: Is spacing the “enemy of induction”? Psychological Science, 19(6), 585–592.
Rohrer, D., & Taylor, K. (2007). The shuffling of mathematics problems improves learning. Instructional Science, 35(6), 481–498.
Schmidt, R. A., & Bjork, R. A. (1992). New conceptualizations of practice: Common principles in three paradigms suggest new concepts for training. Psychological Science, 3(4), 207–217.
Shea, J. B., & Morgan, R. L. (1979). Contextual interference effects on the acquisition, retention, and transfer of a motor skill. Journal of Experimental Psychology: Human Learning and Memory, 5(2), 179–187.
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