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Gewalt an Schulen – Ursachen und der Vorbeugung

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

In vielen schulischen Situationen werden LehrerInnen und SchülerInnen mit ihren Problemen allein gelassen, so auch im Bereich von Gewalt. Solche nicht geklärten Situationen lösen vielfach Angst aus und machen die betroffenen Personen handlungsunfähig. Eine Möglichkeit zur Reduktion und Verhinderung von Gewalt an Schulen ist die Einrichtung von internen oder externen Krisenteams. Als Krisenteams bezeichnet man eine Gruppe von drei bis vier Personen, die in der Thematik der Früherkennung eingearbeitet wurden und die direkt an die Schule angebunden sind. Das Team sollte regelmäßig zusammen kommen, konkret Vorfälle gemeinsam einschätzen, Interventionsmöglichkeiten besprechen und auch umsetzen. Solche Krisenteams können dann die Risiken für eine mögliche Gewalttat, damit sind Mobbing und Happy Slapping ebenso gemeint wie ein geplanter Amoklauf, wahrnehmen und so früh wie möglich eingreifen. Diesen Krisenteams gehören Fachleute wie Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter und Polizeibeamte an, die auf Grund ihrer Tätigkeit mit schulischen Problemlagen schon ausreichend Erfahrungen sammeln konnten, sodass sie wissen, welche psychologischen Hintergründe Jugendliche zur Gewalt treiben, welche Muster Amokläufen zu Grunde liegen und wie sie im Gespräch mit auffälligen Schülern vorgehen können. Ein solches interdisziplinäre Netzwerk verschiedener Berufsgruppen stellt die Grundlage zur Prävention von schwerer zielgerichteter Gewalt im schulischen Kontext dar, wobei vor allem der Umgang mit gewaltbereiten Personen eingeübt werden muss, wie etwa die Gesprächsführung und wichtige Punkte zur Eigensicherung.

Die wichtigsten Ursachen für Gewalt

  • Befindlichkeit der Schüler: Reduktion des Selbstwertgefühls, geringe Selbstachtung, Ausgrenzung (vgl. Klett 2005, S. 21)
  • Gewalt und Medien: Der derzeitige Stand der Forschung ist, dass immer mehrere Faktoren für Gewalt verantwortlich sind – die meisten Gelehrten attestieren aber ein Senkung der Hemmschwelle durch Medienkonsum (vgl. Klett 2005, S. 22)
  • Gewalt in der Familie: „Sowohl internationale als auch nationale Studien legen nahe, dass zwischen Gewalterlebnissen junger Menschen im familiären Raum und späterem aktivem Gewalthandeln Jugendlicher ein Zusammenhang besteht. Elterliche körperliche Gewalt in der Erziehung ist von daher als ein Risikofaktor der Erhöhung jugendlicher Gewaltbereitschaft unter präventiven Gesichtspunkten bedeutsam“ (BMI & BMJ 2001, S.494).
  • Faktor Pubertät: „Die Forschung konstatiert, dass die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen ihren Höhepunkt etwa zur Pubertätszeit findet“ (Klett 2005, S. 25).
  • Gender und Genetik: „Clearly, boys are more aggressive and violent than girls” (Funk 2001, S. 12).
  • Gruppenzwang in gewaltbereiten Peergruppen („Cliques“)
  • Mobbing
  • Strukturelle Gewalt: Gesellschaftliche Einflüsse wie etwa die sozialen, ökonomischen und kulturellen Umstände eines Jugendlichen (vgl. Klett 2005, S. 28)

Aggression und Gewalt
Aggression ist jedes Verhalten, das im Wesentlichen das Gegenteil von Passivität und Zurückhaltung darstellt. Es sind Verhaltensweisen wie direkter und persönlicher Ausdruck von Ärger und Ab-lehnung, Wutausbrüche, Willensäußerungen etc (vgl. Preuschoff 1993, S. 23). „Manifestiert sich Aggressivität derart, dass Menschen zielgerecht physisch oder psychisch ge-schädigt werden, wird von Gewalt gesprochen. Gewalt ist immer an Macht geknüpft, denn nur Macht ermöglicht dauerhaft, zielgerichtete Aggressionen wie Schlägereien, Raub, Sachbeschädi-gung, Entführung und Mord“ (Preuschoff 1993, S. 28).
Gewaltprävention
„Was Praktiker schon lange wissen, haben aufwendige Untersuchungen der „Gewaltkommission“ wissenschaftlich bestätigt:

  • Gewaltbereitschaft und Aggressionen werden abgebaut, wenn sich LehrerInnen und SchülerInnen gleichermaßen für ihre Schule verantwortlich fühlen, weil sie mitbestimmen und mitgestalten dürfen.
  • Frustration und Misserfolgserlebnisse aller Art müssen vermieden werden.
  • Schule darf nicht zu einer Wissensfabrik verkommen, sondern muss ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen“ (Preuschoff 1993, S. 61 f).

Ein wichtiger Aspekt der Gewaltprävention im speziellen bei einem voraussichtlichen Amoklauf ist die Früherkennung. Folgende fünf Indikatoren weisen auf eine substanzielle Drohung hin:

  • „Die Äußerung enthält spezifische Details wie etwa Daten und Orte.
  • Sie wird wiederholt oder vor unterschiedlichen Menschen geäußert.
  • Sie enthält konkrete Handlungspläne.
  • Der drohende Schüler hat Komplizen oder versucht, Zuschauer für seine Tat zu werben.
  • Es liegen konkrete materielle Hinweise vor, beispielsweise eine Schusswaffe oder eine Liste potentieller Opfer“ (Robertz, F. zit. nach Psychologie heute, 2007, S. 38).

„In solchen Fällen muss der Sache dringend nachgegangen werden. Als Möglichkeiten der Intervention gibt es folgende, je nach Gefahreneinschätzung, abgestufte Maßnahmen: eine Therapie, ein Gespräch mit dem auffälligen Schüler und seinen Eltern, eine Langzeitbeobachtung, die Versetzung in eine andere Klasse, einen Schulverweis, eine Strafanzeige bis hin zur Hausdurchsuchung und zur Festnahme durch die Polizei“ (Koch 2007, S. 39).

Eine weitere Präventionsmaßnahme an Schulen könnte die Einführung von Krisenteams sein.  Dabei sollte sich jedoch nicht alles um das finale Thema Amok drehen, sondern grundsätzlich auf Missstände geachtet werden, die Schüler möglicherweise in die Krise treiben könnten. Eine frühe Intervention die einen gefährdeten oder auffälligen Schüler durch Gesprächs und Hilfsangebote auffängt, ist das Mittel der Wahl, damit erst gar nicht zum Gewaltausbruch kommt. In der Regel trägt solch ein Bedrohungsmanagement zur Entspannung von Lehrern und Eltern bei (vgl. Koch 2007, S. 39).

Folgende Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen sind denkbar:

  • Weiterbildungsoffensive für Lehrerinnen und Lehrer: Gewaltprävention und Konfliktmanagement sollen zentrale Schwerpunkte der Fort- und Weiterbildung werden. Ein besonders interessantes Aus- und Weiterbildungsmodul stellt „Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen“ dar.
  • Intensivierung von Information und Vernetzung der Betroffenen und Beteiligten: Es soll eine Homepage zur Information der Schulen und der Öffentlichkeit eingerichtet werden. Diese wird über die Problemlage, wissenschaftliche Daten, Krisenratgeber für LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen, Best-Practice-Modelle sowie AnsprechpartnerInnen informieren. Weiters wird in Form einer Plattform ein Netzwerk für Betroffenen und Beteiligte zur Kommunikation realisiert.
  • Verhaltensvereinbarungen als gemeinsamer Weg zu einem guten Schulklima: Ab Jänner 2008 wird intensive Informationsarbeit an den Schulen durchgeführt, um die Schulen zu ermutigen, im Miteinander klare Spielregeln zu erarbeiten. Die Broschüre „Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog“ wird ab Jänner 2008 an alle Schulen übermittelt und soll einen Handlungsleitfaden zur Etablierung von schulpartnerschaftlichen Verhaltensvereinbarungen darstellen.
  • Mehr Schulpsychologen: Schulpsychologen sind zentrale MultiplikatorInnenn und ExpertInnen, die durch ihr Wissen eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen. Die Anzahl der Schulpsychologen und Schulpsychologinnen ist zu gering. Momentan gibt es in Österreich rund 150 SchulpsychologInnen. Laut Bildungsministerin wird hier für in der nächsten Budgetverhandlung eine Erhöhung angestrebt.
  • Start und Ausbau konkreter Gewaltpräventionsprogrammen an den Schulen: Diese Präventionsprogramme sollen aggressives Verhalten von Schülern reduzieren und helfen das sich Schüler mit dem Thema Gewalt und richtiges Verhalten an Schulen ausein-andersetzten (vgl. Pelinka 2007).

Anmerkung: Die sozialen Medien haben den Umgang von Schülerinnen miteinander im vergangenen Jahrzehnt stark verändert, wobei der persönliche Kontakt, sich nach der Schule zu treffen, weniger geworden ist, denn dafür tauschen sich die Jugendlichen mehr in Chats aus. Dadurch ist die Kommunikation vor allem wesentlich direkter und schneller geworden, sodass z. B. Konflikten viel schneller eskalieren.



Literatur

BMI & BMJ – Bundesministerium des Innern & Bundesministerium der Justiz (2001). Erster Periodischer Sicherheitsbericht. Langfassung. Online im Internet: WWW: http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/
Content/Broschueren/2001/Erster__Periodischer__
Sicherheitsbericht__Id__48153__de.html (07-11-28)
Funk, W. (2001). Violence in German schools. Nürnberg: Institut für empirische Soziologie.
WWW: http://www.ifes.uni-erlangen.de/pub/pdf/m_1_2001.pdf (07-11-27)
Klett, K. (2005). Gewalt an Schulen. Eine deutschlandweite Online-Schülerbefragung zur Gewaltsituation an Schulen. Inaugural-Dissertation. Köln: Philosophische Fakultät.
Pelinka, N. (2007). Gemeinsam gegen Gewalt an Schulen vorgehen.
WWW: http://www.bmukk.gv.at/ministerium/vp/pm/20071121.xml (2007-11-28)
Preuschoff, G. & Preuschoff, A. (1993). Gewalt an Schulen. Verlag: Papyrossa.


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Ein Gedanke zu „Gewalt an Schulen – Ursachen und der Vorbeugung“

  1. Mehr Schulpsychologen: Schulpsychologen sind zentrale MultiplikatorInnenn und ExpertInnen, die durch ihr Wissen eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen. Die Anzahl der Schulpsychologen und Schulpsychologinnen ist zu gering.

    Diese Forderung kann man nur unterstreichen, denn bislang konzentriert sich die (deutsche) Lehrerausbildung immer noch hauptsächlich auf „Stoffvermittlung“ und lässt Lehrkräfte im Umgang mit Schwierigkeiten völlig alleine…..

    Zu diesem Thema halte ich das Buch von Thomas Hartmann für empfehlenswert: Müssen Kinder ballern und sich prügeln? Ja, sagt Thomas Hartmann

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