Nur wenige Studien haben die langfristigen Beziehungen zwischen den frühen räumlichen Fähigkeiten von Kindern und ihren späteren mathematischen Fähigkeiten untersucht. Aus früheren Studien weiß man, dass Erwachsene sich im Umgang mit Zahlen oft ein räumliches Bild machen, indem sie etwa etwa kleine Zahlen links verorten und große Zahlen rechts, doch es ist kaum erforscht, ob frühes räumliches Denken auch beeinflusst, wie Kinder später Mathematik lernen und begreifen.
Möhring et al. (2021) untersuchten daher die Entwicklungsverläufe der räumlichen Fähigkeiten von Kindern über vier Wellen im Alter von 3-7 Jahren und deren Zusammenhang mit dem späteren mathematischen Verständnis der Kinder, wobei es sich um eine große, heterogenen Stichprobe von Kindern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund aus überwiegend einkommensschwachen Haushalten handelte. Räumliche und mathematische Fähigkeiten wurden mit standardisierten Tests gemessen, wobei die Ausgangspunkte der Kinder und die Wachstumsrate der räumlichen Fähigkeiten mit latenten Wachstumskurvenmodellen analysiert wurden. Ebenfalls untersuchte man den Einfluss verschiedener Kovariaten auf die Entwicklung der räumlichen Fähigkeiten und fand heraus, dass der sozioökonomische Status, die Sprachkenntnisse und das Geschlecht, aber nicht der Migrationshintergrund die räumliche Entwicklung der Kinder vorhersagen konnten. Kinder, die also mit drei Jahren mit geringeren räumlichen Fertigkeiten in die Untersuchung starteten, entwickelten diese in den Folgejahren zwar schneller, schnitten aber mit sieben Jahren in Mathematik immer noch schlechter ab. Auch gelang es diesen Kindern trotz der schnelleren Entwicklung nicht, die Kinder mit besserem räumlichen Denken bis zum Schuleintritt vollständig einzuholen. Mit drei Jahren unterschieden sich Buben und Mädchen praktisch nicht, doch in den Folgejahren entwickelt sich die Raumvorstellung bei Mädchen jedoch langsamer als bei Buben. Man vermutet, dass diese nicht nur mehr räumliche Sprache hören, sondern auch typische Buben-Spielsachen nutzen, die das räumliche Denken fördern (z. B. Bausteine), während auf Mädchen ausgerichtete Spielsachen vor allem soziale Fertigkeiten ansprechen.
Man kann daraus schließen, dass neben der sprachlichen Förderung auch die Förderung des räumlichen Denkens für Kinder im Vorschulalter wichtig ist, um damit eine gute Basis für den späteren Erfolg in Mathematik zu legen.
Literatur
Möhring, Wenke, Ribner, Andrew D., Segerer, Robin, Libertus, Melissa E., Kahl, Tobias, Troesch, Larissa Maria & Grob, Alexander (2021). Developmental trajectories of children’s spatial skills: Influencing variables and associations with later mathematical thinking. Learning and Instruction, 75, doi:10.1016/j.learninstruc.2021.101515.
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