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Selbstregulation als zentrales Bildungsziel

In einer Zeit, in der Schulen zunehmend auf Zwang und Kontrolle verzichten und stattdessen auf Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Lernenden setzen, gewinnt die Fähigkeit zur Selbstregulation an zentraler Bedeutung. Freies Lernen ist daher kein Selbstläufer, sondern musssystematisch eingeübt werden . Der Erfolg freier Lernsettings hängt entscheidend davon ab, ob Schülerinnen und Schülern über die kognitiven, emotionalen, motivationalen und sozialen Kompetenzen verfügen, um ihre Lernprozesse eigenständig zu gestalten. Diese Fähigkeiten – wie Affektkontrolle, Selbstmotivation, Durchhaltevermögen oder soziale Konfliktfähigkeit – entstehen nicht von selbst, sondern müssen gezielt und über längere Zeiträume hinweg aufgebaut werden. Insbesondere das gesellschaftliche Umfeld wirkt dabei häufig hemmend: Angststörungen, Depressionen, ADHS und schulische Leistungsschwächen nehmen zu, während digitale Reize, soziale Medien und KI-gestützte Abkürzungen die Fähigkeit zur Konzentration und Anstrengung untergraben. Daher ist Selbstregulation ein zentrales Bildungsziel – gleichrangig mit gesellschaftlicher Teilhabe und Chancengerechtigkeit.

Erfolgreiches Lernen erfordert zunehmend ein hohes Maß an innerer Steuerung. Wird sie nicht vermittelt, droht anstelle von Eigenverantwortung ein Laissez-faire, das sich in Respektlosigkeit, fehlender Lernbereitschaft und Unterrichtsstörungen zeigt. Dabei ist ein reiner Frontalunterricht ebenso wenig geeignet wie ungesteuerte Freiarbeit – vielmehr braucht es differenzierte Lernangebote, die Schülerinnen und Schüler ihrem Entwicklungsstand entsprechend fordern und fördern. Das bedeutet konkret: Vermittlung metakognitiver Strategien, Reflexion des eigenen Lernprozesses, Training von Affektregulation und Motivation sowie Förderung sozialer Fähigkeiten.

Die Schule muss damit zu einem Raum werden, in dem Selbststeuerung schrittweise aufgebaut, eingeübt und auch überprüft wird. Denn nur wer gelernt hat, sich selbst zu regulieren, kann auf Dauer erfolgreich lernen, arbeiten und in demokratischen Gesellschaften kritisch und verantwortungsvoll handeln. In diesem Sinne ist der klassische Wahlspruch der Aufklärung – „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ – heute aktueller denn je. Selbstregulation ist damit nicht nur eine individuelle Kompetenz, sondern ein demokratiepolitischer Imperativ.


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