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Schulpflicht in Österreich

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

Die Schulpflicht in Österreich hat ihre Wurzeln in der Aufklärung und wurde im Jahr 1774 unter Maria Theresia eingeführt. Damals erließ sie die Allgemeine Schulordnung, die erstmals eine sechsjährige Schulpflicht für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren vorsah. Einer der Auslöser für die Einführung der allgemeinen (Schul-)Unterrichtspflicht in Österreich war die Niederlage in mehreren Kriegen gegen Preußen, das deutlich moderner organisiert war. Um mit Preußen gleich zu ziehen, sollte nun auch die Habsburger-Monarchie zu einem modernen Staat umgebaut werden.

Ziel war es, der Bevölkerung grundlegende Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln und gleichzeitig Loyalität gegenüber dem Staat zu fördern. Diese Maßnahme beruhte auf dem aufklärerischen Gedanken, dass Bildung Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und für das Funktionieren einer geordneten Gesellschaft ist. Der Umgang in der Schule war rüde, denn Lehrer galten als unumschränkte Autoritätspersonen. Schläge mit dem Rohrstab oder dem Lineal, das an den Haaren ziehen, die Ohrfeige und andere sogenannte „Züchtigungen“ gehörten beinahe zwei Jahrhunderte lang zum weithin akzeptierten Disziplinierungsrepertoire des Schulalltags. Entgegen den Idealen der Aufklärung war das Ziel, vor allem gefügige Untertanen zu schaffen.

Im Laufe der Zeit wurde die Schulpflicht ausgeweitet und an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen angepasst. Mit der Industrialisierung stieg der Bedarf an einer besser gebildeten Arbeiterschaft, was zu einer stärkeren Betonung von Allgemeinbildung führte. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Schulpflicht zunehmend als Mittel gesehen, soziale Ungleichheiten zu verringern, nationale Identität zu festigen und demokratische Werte zu vermitteln. Erst im 19. Jahrhundert kamen erste reformpädagogische Ansätze auf, die im Laufe des 20. Jahrhunderts weiterentwickelt wurden.

In der Zweiten Republik nach 1945 wurde Bildung verstärkt als Bürgerrecht verstanden, das allen Kindern unabhängig von Herkunft, Religion oder sozialem Status offenstehen sollte. Die Schulpflicht ist damit nicht nur ein rechtliches Gebot, sondern Ausdruck eines gesellschaftlichen Konsenses: Bildung ist ein zentrales Gut, das jedem Menschen von Anfang an zustehen soll. Sie dient nicht nur dem individuellen Nutzen, sondern auch dem Gemeinwohl, indem sie die Voraussetzung für Teilhabe, Integration und wirtschaftliche Entwicklung schafft. Erst mit den Schulreformen der 1970er-Jahre wurde die Individualität der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt gerückt. Dazu gehört auch die Inklusion aller Menschen, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen gleichberechtigt an allen Lebensbereichen teilhaben zu können.




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