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Emotionales Erleben von Lehrkräften

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

Frenzel, Anne C. & Götz, Thomas

Emotionales Erleben von Lehrkräften beim Unterrichten

Ziele der Studie
Aufgrund der fehlenden empirischen Evidenz zu Lehreremotionen wurden die Hypothesen zu dieser Studie aus verwandten Forschungsbereichen entwickelt.
In der allgemeinen Emotionsforschung wird zwischen States, (flüchtigen, situationsspezifischen Reaktionen auf Umweltbedingungen) und Traits (persönlichkeitsbedingten Neigungen mit bestimmten States auf bestimmte Situationen zu reagieren) unterschieden. Darauf basierend war ein Ziel der Studie, herauszufinden, wie stark die empfundenen Emotionen einerseits von der Persönlichkeit des Lehrers und andererseits von der Lehrsituation abhängig sind (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 285).
Im Bereich der Lern- und Leistungsemotionen wird davon ausgegangen, dass bei Schülern Qualität und Intensität emotionalen Erlebens fachspezifisch sind. Demnach sollte auch für Lehrer herausgefunden werden, ob ihre Selbstwirksamkeit, in unterschiedlichen Fächern verschieden ist (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 285).
Aus Studien zur Lehrer-Selbstwirksamkeit geht heraus, dass Emotionen von der jeweils unterrichteten Klasse beeinflusst werden könnten, was ebenfalls überprüft werden sollte (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 285).
Methode der Befragung
Stichprobe

Es wurden 59 Lehrerinnen und Lehrer aus 16 Gymnasien in München befragt, die Mathematik und Physik unterrichten. Die Stichprobe reflektierte hinsichtlich Geschlecht, (50 männlich und 9 weiblich), sowie Altersstruktur, (Durchschnittsalter: 49,94 Jahre), die Population der bayrischen Mathematik-/Physiklehrer. Die Befragungen bezogen sich auf jeweils vier verschiedene, von den Lehrern unterrichtete Klassen, wobei zwei davon Mathematik- und zwei Physikklassen waren (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 287).
Ablauf der Befragung

Die Befragung startete mit einer Vorbefragung, bei der die Lehrer Fragebögen ausfüllen mussten, in welchen sie über ihre Kontrollüberzeugung sowie klassenspezifische Emotionen befragt wurden und Angaben zu Klassen und sich selbst machen mussten. In der zweiten Phase beschrieben die Lehrkräfte ihre Emotionen während zwei Schulwochen in einem Tagebuch jeweils direkt im Anschluss an die Unterrichtseinheiten (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 287-288).
Auswertung
Die Auswertung erfolgte mit Hilfe eines hierarchisch-linearen Modells, sodass eine Mehrebenenanalyse durchgeführt werden konnte (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 288).
Ergebnisse
Bei beiden Befragungen wurden häufiger positive Gefühle angegeben: 78% aller Stunden haben den Lehrkräften Spaß gemacht, während sie sich nur in 12% geärgert und in 5% der Stunden nervös und angespannt gefühlt haben. Nervosität und Anspannung konzentrierten sich dabei jedoch hauptsächlich auf nur 5% der befragten Lehrer (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 290).
Entgegen der Vermutung, dass sich die Lehreremotionen je nach Unterrichtsfach unterscheiden würden, hatte diese Variable keinen erkennbaren Einfluss auf das Gefühlserleben. Auch das Geschlecht der Lehrkraft, Dienstalter sowie die Klassenstufe der jeweiligen Klassen hatten keinen Einfluss auf das emotionale Erleben (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 290-291).
Freude
Das Gefühl der Freude beim Unterrichten ist etwas mehr personen- als kontextspezifisch.
Die erlebte Freude ist umso größer, je stärker die Kontrollüberzeugung der Lehrkraft ist.
Die Wahrnehmung vom Lehrer hinsichtlich Leistungsniveau, Verständnis und Motiviertheit der Schüler sowie Disziplin hängt ebenfalls positiv mit dem Erleben von Freude zusammen, größere Klassen hingegen verringern die Freude (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 290-293).
Ärger
Das Erleben von Ärger geht sowohl auf Unterschiede zwischen den Lehrkräften als auch auf Unterschiede zwischen den jeweils unterrichteten Klassen zurück. Je stärker die Kontrollüberzeugung der Lehrkraft und je höher das wahrgenommene Leistungsniveau, Verständnis und Motiviertheit der Schüler desto geringer ist der Ärger. Größere Klassen, ein höherer Anteil an Jungen sowie mangelnde Disziplin erhöhen das Gefühl von Ärger (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 290-293).
Angst
Angst ist die am meisten personenspezifische Emotion, wobei dieses Gefühl hauptsächlich von der Kontrollüberzeugung der Lehrkraft abhängig ist. Das heißt, Angst wird kaum durch Klassenmerkmale, sondern durch die Einstellung, dass das Erreichen von Unterrichtszielen nicht in der Macht des Lehrers liegt, ausgelöst. Mangelnde Disziplin löst ebenfalls deutlich Nervosität und Angespanntheit aus (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 290-293).
Um das emotionale Erleben und somit die Unterrichtsqualität in der Praxis zu optimieren, sollte versucht werden, bei klassenspezifischen Emotionen problemlösende Interventionen auf Klassenebene durchzuführen, (zB Verbesserung der Disziplin um eine Reduktion des Ärger zu erreichen) während bei personenspezifischen Gefühlen Interventionen auf der Lehrerebene vorgenommen werden sollten (vgl. Frenzel & Götz 2007, S. 294).
Verwendete Literatur
Frenzel, A. C. & Götz, Thomas. (2007). Emotionales Erleben von Lehrkräften beim Unterrichten. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 21 (3/4), 283-295. Bern: Verlag Hans-Huber.




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