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Soziale Beziehungen in multikulturellen Schulklassen

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

Dagmar Strohmeier
Soziale Beziehungen in multikulturellen Schulklassen: Wo liegen die Chancen, wo die Risken?

Integration aus psychologischer Sicht

Die Integration kann man mit sogenannten „Akkulturationsmodellen“ analysieren. Dabei wird bei den ImmigrantInnen und bei den Einheimischen anhand von zwei Grundfragen herausgefunden, wie groß bei ihnen die beiden Dimensionen Kontakt und Identität sind. Als je wertvoller Beziehungen zu anderen Gruppen und die Beibehaltung der eigenen kulturellen Identität von den ImmigrantInnen und von den Einheimischen angesehen werden, desto höher ist die Akkulturation. Somit ist für eine Integration nicht nur der Wille der ImmigrantInnen ausschlaggebend, sondern auch, wie sehr die aufnehmende Gesellschaft eine Integration zulässt (vgl. Strohmeier 2007, S. 796f).
In einer internationalen Studie wurden die psychologische sowie die soziokulturelle Anpassung von Jugendlichen mit Immigrationshintergrund untersucht. Während man unter psychologischer Anpassung Begriffe wie Selbstwertgefühl, Angst oder Depression versteht, sind mit der soziokulturellen Anpassung die Qualität sozialer Beziehungen oder Schulleistungen gemeint. Die Ergebnisse zeigten eindeutig, dass diejenigen ImmigrantInnen die höchste Anpassung aufweisen, die ihre eigene Identität nicht aufgeben. Unabhängig davon, ob sie Kontakt zu einheimischen Gruppen suchen oder nicht, haben solche EinwanderInnen das höchste Selbstwertgefühl, sind mit ihrem Leben am zufriedensten und haben die meisten Freunde und besten Schulnoten (vgl. Strohmeier 2007, S. 798).
Aggressives Verhalten
Sozial interaktionistische Aggressionsmodelle
Darunter versteht man, dass ein Verhalten von verschiedenen Beurteilenden unterschiedlich aufgefasst werden kann und somit Aggression kein direkt beobachtbares Verhalten ist. Aggressives Verhalten tritt nicht sofort nach der Provokation ein, sondern kommt erst nach einer Reihe von kognitiven Prozessen zum Vorschein. Außerdem versteht man darunter nicht nur direkte, verbale Angriffe, sondern auch verdeckte Anfeindungen wie Ächtung und soziale Ausgrenzung. Geschehen solche Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum zwischen Personen mit ungleichen Machtverhältnissen, spricht man von Bullying (vgl. Strohmeier 2007, S. 799f).

Die Bedeutsamkeit von kultureller Zugehörigkeit für aggressives Verhalten
Während Studien über aggressives Verhalten verschiedener kultureller Kreise sehr unterschiedliche Ergebnisse lieferten, war eine Befragung über Freundschaftsmuster unter den Jugendlichen zielführender (vgl. Strohmeier 2007, S. 800f).
„Insgesamt betrachtet weisen die Ergebnisse dieser Studien darauf hin, dass die kulturellen Zugehörigkeiten der Kinder bei aggressiven Konflikten in der Sekundarstufe eine eher untergeordnete Rolle spielen“ (Strohmeier 2007, S. 801).
Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass sich Personen bei ethnischen und familiären Konfliktsituationen eher mit aggressiven Mitteln wehren, als wenn sie persönlich beleidigt werden (vgl. Strohmeier 2007, S. 802).
Freundschaften
Für den Kontakt zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen ist nicht das einfache „Zusammenbringen“ sondern die Qualität des Kontakts ausschlaggebend (vgl. Strohmeier 2007, S. 803).
Wie Freundschaften entstehen
„Gleich und gleich gesellt sich gern wird in der psychologischen Fachsprache „homophily“ genannt“ (Strohmeier 2007, S. 804). Freundschaften werden aufgrund des gleichen Geschlechts, gleichen Eigenschaften oder auch ethnischen Gemeinsamkeiten geschlossen. In einer Studie die in Deutschland bezüglich „homophily“ durchgeführt wurde, konnte man erkennen, dass das Gefühl der ethnischen Zugehörigkeit bei türkischen Jugendlichen stärker ausgeprägt ist als bei Jugendlichen aus Deutschland (vgl. Strohmeier 2007, S. 804f).
Ergebnisse einer österreichischen Studie
Die bisher in Österreich einzige durchgeführte Studie zum Thema homophily zeigte, dass diese bei den österreichischen Kindern am stärksten ausgeprägt ist und stark von Kontexteinflüssen abhängt. So hatten in Schulklassen 73 % der einheimischen Kinder auch gleichsprachige Freunde, während bei ausländischen Kindern dieser Anteil wesentlich geringer war. In der Freizeit zeigte sich allerdings, dass die Freundeskreise sehr stark nach ethnischen Gemeinsamkeiten getrennt sind. So sind 86 % der österreichischen und 76 % der türkischen Kinder in der Freizeit mit Freunden mit derselben Muttersprache zusammen (vgl. Strohmeier 2007, S. 805f).
Verwendete Literatur
Strohmeier, Dagmar (2007). Soziale Beziehungen in multikulturellen Schulklassen: Wo liegen die Chancen, wo die Risken?. Erziehung und Unterricht, 2007, 796-807.




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